Anerkennung

Fachkräftemangel in Deutschland

Geschrieben von Türfa Team | Jun 11, 2023 10:33:08 PM

Dieser Artikel beschreibt den Fachkräftemangel in Deutschland, der durch das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt entsteht. Es wird prognostiziert, dass Deutschland bis 2030 bis zu fünf Millionen Fachkräfte verlieren wird. Es wird empfohlen, das bisher ungenutzte Arbeitskräftepotenzial zu steigern und eine Willkommenskultur für zugewanderte Fachkräfte zu schaffen.

Warum erleben wir Fachkräftemangel und wie sieht die Situation aus?

Das Problem in Deutschland beginnt, da die Babyboomer-Generation in Rente geht. Das Land könnte fünf Millionen Fachkräfte bis 2030 verlieren. Vollbeschäftigung herrscht, aber Arbeitnehmer leiden unter Arbeitsverdichtung, Stress und Überstunden, weil immer Kollegen fehlen. Holger Schäfer, Arbeitsmarktökonom vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, warnt vor den verheerenden Folgen des Fachkräftemangels.

Schon seit dem Jahr 2017 erreichen mehr Menschen pro Jahr das Rentenalter als junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Schäfers Berechnungen zufolge werden schon in diesem Jahr rein rechnerisch mehr als eine Million Menschen aus dem Erwerbsalter ausscheiden, doch viel zu wenige junge Menschen treten ins Erwerbsalter ein. So fehlen bereits heute eine halbe Million potenzielle Arbeitskräfte. Im kommenden Jahr könnte es schon eine knappe Million sein, und bis 2030 dann mehr als fünf Millionen.

Das Bundeswirtschaftsministerium geht von mindestens 3,9 Millionen fehlenden Fachkräften im Jahr 2030 aus, unterstellt in seiner Berechnung aber eine gewisse Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Eine Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2015 prognostiziert sogar einen Mangel von 5,8 bis 7,7 Millionen fehlenden Arbeitskräften bis 2030. Die Verfasser warnen vor einem Verlust an Wachstum und Wohlstand und sagen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung voraus.

Holger Schäfer fordert, dass Deutschland umgehend handeln sollte. Die Möglichkeit besteht, dass das bisher ungenutzte Arbeitskräftepotenzial gesteigert wird, etwa bei Teilzeitbeschäftigten, Älteren oder Erwerbsgeminderten und behinderten Menschen, die heute nur teilweise in den Arbeitsmarkt integriert sind. Auch eine bessere Einbindung von Menschen mit Behinderungen könnte einen Teil des Fachkräfteproblems lösen. Zudem braucht Deutschland eine Willkommenskultur, die es für zugewanderte Fachkräfte attraktiv macht, zu bleiben und nicht wieder abzuwandern. Dazu gehört auch eine gezielte Werbung um Fachkräfte aus Drittstaaten.

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Pflege

In Deutschland gibt es einen akuten Fachkräftemangel in der Pflege. Die Auswirkungen sind in Krankenhäusern und Pflegeheimen spürbar. Der Personalmangel hat Auswirkungen auf die Qualität der Pflege und die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte.

Immer mehr Menschen sind auf Pflege angewiesen, aber es gibt nicht genügend Fachkräfte, um sie zu betreuen. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung fehlen in Deutschland 100.000 Pflegestellen in Kliniken. Die Gewerkschaft Verdi geht sogar von 80.000 fehlenden Pflegekräften allein in den Krankenhäusern aus. In der Altenpflege fehlen laut einer Studie der Universität Bremen sogar 120.000 Vollzeitkräfte.

Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind häufig belastend. Pflegekräfte müssen oft im Stehen arbeiten, schwere Lasten heben und tragen und in Zwangshaltungen arbeiten. Hinzu kommt der Termin- und Leistungsdruck sowie zeitliche Vorschriften. Die Arbeitsbedingungen führen dazu, dass Pflegekräfte häufiger krank sind und schneller in Rente gehen müssen. Die personellen Ausfälle führen wiederum zu weiterer Arbeitsbelastung für die übrigen Pflegekräfte.

Der Personalmangel hat auch Auswirkungen auf die Qualität der Pflege. Wenn nur wenige Pflegekräfte da sind, aber viele Patienten, wird oft nur das Nötigste gemacht. Empfohlene Pflegemaßnahmen fallen weg, obwohl sie Heilungsprozesse beschleunigen könnten. Die medizinische Versorgung leidet, und mancher Bettlägeriger muss länger in seinen Ausscheidungen liegen bleiben, bis ihm endlich die Windel gewechselt wird.

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Pflege sind gravierend. Es braucht mehr Pflegekräfte, insbesondere Fachkräfte, um die Pflegebedürftigen angemessen betreuen zu können. Es gibt einige Lösungsideen wie die Personaluntergrenzen auf pflegeintensiven Klinik-Stationen und die Tariftreueregelung in Altenheimen. Aber es braucht weitere Maßnahmen, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen und mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen.

Was ist zu tun?

  •  Deutschland braucht eine Willkommenskultur, die es für zugewanderte Fachkräfte attraktiv macht, zu bleiben und nicht wieder abzuwandern.
  • Es sollte eine gezielte Werbung um Fachkräfte aus Drittstaaten geben.

Qualle:

Fachkräftemangel: Wenn die Babyboomer in Rente gehen, beginnen die Probleme | ZEIT ONLINE

[Fachkräftemangel - Bedarf an Pflegekräften in Deutschland bis 2035 | Statista](https://de.statista.com/statistik/daten/studie/172651/umfrage/bedarf-an-pflegekraeften-2025/#:~:text=Laut dem Institut der deutschen,insgesamt knapp 500.000 Fachkräfte vergrößern.)

Burstedde, Alexander, 2023, Die IW-Arbeitsmarktfortschreibung. Wo stehen Beschäftigung und Fachkräftemangel in den 1.300 Berufsgattungen in fünf Jahren?, IW-Report, Nr. 8, Köln

KOFA Kompakt 08/2022: Die Fachkräftesituation in Berufen des Einzelhandels - Institut der deutschen Wirtschaft (IW) (iwkoeln.de)

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